Aktualisiert am

19. August 2023

Eigenkapitalrendite (Aktien) - Bedeutung, Interpretation und Kritik

💡 In Kürze

Die Eigenkapitalrendite zeigt, wie effizient das Eigenkapital eines Unternehmens genutzt wird. Eine hohe Eigenkapitalrentabilität steht für eine effiziente Nutzung.

Einer der wichtigsten Faktoren bei der Bewertung von Aktien ist die Rendite des Eigenkapitals (engl. Return on Equity). Die Eigenkapitalrentabilität beschreibt das Verhältnis zwischen Jahresüberschuss und Eigenkapital. Für Anleger ist die Eigenkapitalrendite von großem Interesse, da sie Aufschluss darüber gibt, wie erfolgreich Unternehmen darin sind, mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Eigenkapital Gewinne zu erwirtschaften.

Hohe Eigenkapitalrenditen deuten darauf hin, dass Unternehmen im Verhältnis zu deren Eigenkapital einen hohen Gewinn erwirtschaftet haben. Niedrige Eigenkapitalrendite dagegen weisen auf eine ineffiziente Eigenkapital-Nutzung hin.

So wird die Eigenkapitalrendite berechnet

Die Eigenkapitalrendite lässt sich berechnen, indem man den Jahresüberschuss, also den Gewinn, durch das durchschnittliche Eigenkapital teilt. Die Formel der Eigenkapitalrentabilität sieht wie folgt aus:

Eigenkapitalrendite =
Jahresüberschuss

Ø Eigenkapital
× 100

Der Jahresüberschuss ist der Gewinn eines Unternehmens. Er wird über die Gewinn- und Verlustrechnung (engl. Income Statement) ermittelt. Diese ist eine der wichtigsten Informationsquellen für Anleger und Analysten und ist in jedem Geschäftsbericht zu finden.

Das Eigenkapital stellt den Teil des Gesamtkapitals eines Unternehmens dar, der im theoretischen Falle einer Liquidierung den Investoren zusteht. Es ist der Teil des Gesamtkapitals, das durch Einlagen der Eigentümer, Gewinne und Vermögensvermehrungen gebildet wird. Die Höhe des Eigenkapitals kann aus der Bilanz abgelesen werden, welche eine weitere wichtige Informationsquelle darstellt.

Während der Jahresüberschuss die Gewinne und Verluste der gesamten Periode umfasst, ist das Eigenkapital stichtagsbezogen. Es gibt also die Höhe an einem einzigen Tag (dem der Schlussbilanz) an. Daher ist es sinnvoll zur Berechnung der Eigenkapitalquote das durchschnittliche Eigenkapital heranzuziehen. Dieses erhält man, indem man den Durschnitt des Eigenkapitals der Eröffnungs- und der Abschlussbilanz bildet. Die Eröffnungsbilanz ist die Abschlussbilanz der vorherigen Periode.

Alle Daten, die zur Berechnung der Eigenkapitalrendite notwendig sind, sind also öffentlichen Quellen zu entnehmen. Die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz sind also die primäre Anlaufstelle für Privatanleger. Sie sind nicht nur für die Berechnung der Eigenkapitalrendite von Bedeutung, sondern dienen auch als Grundlage für einen Großteil der weiteren Kriterien bei der Aktienanalyse.

Interpretation der Eigenkapitalrendite

Die Eigenkapitalrendite ist sehr leicht zu verstehen. Je höher die Eigenkapitalrendite ist, desto besser sind Unternehmen darin, das Eigenkapital in Gewinne umzuwandeln.

Eine Eigenkapitalrendite von 12% sagt beispielsweise aus, dass ein Unternehmen Gewinne in Höhe von 12% seines Eigenkapitals erwirtschaftet hat. Gleichzeitig können 12% Eigenkapitalrendite auch so verstanden werden, dass das Unternehmen seine Eigenkapitalbasis im Vergleich zur vorherigen Periode um 12% gesteigert hat.

Die Eigenkapitalrendite sollte stets mit historischen Werten desselben Unternehmens und mit Werten von anderen Unternehmen verglichen werden.

Während die durchschnittliche Eigenkapitalrendite des S&P 500 bei 14% liegt, gibt es erhebliche Unterschiede zwischen Branchen. Die Eigenkapitalrendite ist daher immer im direkten Vergleich zu anderen Unternehmen einer Branche zu betrachten. Als erstrebenswert gilt eine Eigenkapitalrendite, die leicht oberhalb des Branchendurchschnitts liegt.

Kritische Betrachtung der Eigenkapitalrendite

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Eigenkapitalrendite durch einige Einflussfaktoren verfälscht werden kann. Es ist daher wichtig, diese genau zu verstehen. Besonders wenn ein Unternehmen eine Eigenkapitalrendite aufweist, die den Branchen-Durschnitt deutlich übersteigt, sollte man auf Ursachenforschung gehen.

Hohe Eigenkapitalrendite durch Schulden

Eine zunehmend beliebter werdende Alternative zu Dividendenzahlungen sind Aktienrückkäufe. Durch den Rückkauf von Aktien wird das Eigenkapital gesenkt und der Gewinn je Aktie gesteigert. Der gesteigerte Gewinn je Aktie wird von Investoren meistens begrüßt.

Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass diese Steigerung nicht auf operative Ursachen zurückzuführen ist, sondern viel mehr das Ergebnis finanzpolitischer Maßnahmen darstellt. Dem sollten sich Anleger bewusst sein. Zudem ist es problematisch, dass Aktienrückkäufe häufig durch die Aufnahme neuer Schulden finanziert werden.

Die Eigenkapitalrendite sollte also immer auch im Zusammenhang mit dem Verschuldungsgrad, also der Eigen- bzw. Fremdkapitalquote betrachtet werden.

Auswirkung von Verlusten

Eine höhere Eigenkapitalrendite trotz Verlusten? Das klingt zunächst widersprüchlich. Allerdings ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, dass Unternehmen Verluste einer Periode auf das nächste Geschäftsjahr übertragen. In diesem Geschäftsjahr reduziert der sogenannte Verlustvortrag dann das Eigenkapital, was wiederum die Eigenkapitalrendite rechnerisch erhöht.

Aufpassen bei negativen Jahresüberschuss

Wenn der Jahresüberschuss oder auch das Eigenkapital negativ ist, sollte die Eigenkapitalrendite nicht berechnet werden. In solch einer Situation könnte die Berechnung zu einer rechnerisch hohen Eigenkapitalrendite führen, die allerdings keine Aussagekraft besitzt.

Eigenkapitalrendite im Vergleich zu anderen Kennzahlen

Wie jede andere Kennzahl auch, sollte die Eigenkapitalrendite nicht für sich alleine betrachtet werden. Für eine vollumfängliche Aktienanalyse gilt es weitere Analysekriterien zu betrachten. Im Zusammenhang mit der Manipulierbarkeit der Eigenkapitalrendite betrachten Analysten u.a. die Kapitalstruktur. Hier kann beispielsweise die Eigenkapitalquote Aufschluss darüber geben, inwiefern die Rendite des Eigenkapitals durch die Veränderung der Eigenkapitalbasis beeinflusst wird.

Darüber hinaus gibt es Kennzahlen, die der Eigenkapitalrendite ähnlich sind, sich aber unterscheiden.

Eigenkapitalrendite vs. Gesamtkapitalrendite

Sowohl die Eigenkapital- als auch die Gesamtkapitalrendite (engl. Return on Assets) messen, wie effektiv Unternehmen Kapital einsetzen. Während sich die Eigenkapitalrendite auf das Eigenkapital fokussiert, betrachtet die Gesamtkapitalrendite ihrem Namen entsprechend die Rendite des gesamten Kapitals. Im Nenner der Rechnung steht bei der Gesamtkapitalrendite also zusätzlich auch das Fremdkapital, welches zusammen mit dem Eigenkapital das Gesamtkapital bildet.

Als Eigenkapitalgeber sind Investoren vorrangig an der Rendite des von ihnen investierten Kapitals interessiert. Allerdings kann Gesamtkapitalrendite eine sinnvolle Ergänzung bei der Aktienanalyse darstellen, da sie sich nicht so leicht verfälschen lässt.

Eigenkapitalrendite vs. Return on Capital Employed (ROCE)

Eine weitere verwandte Kennzahl ist der Return on Capital Employed. Dieser tauscht den Jahresüberschuss durch das EBIT und das Eigenkapital durch das eingesetzte Kapital („Capital Employed“). Das EBIT unterscheidet sich vom Jahresüberschuss insofern, als dass dieses noch Zinsen und Steuern enthält. Eingesetztes Kapital wird unterschiedlich definiert. Im Allgemeinen wird es aber als das Gesamtvermögen (engl. Assets) abzüglich Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (engl. Current Liabilities) aufgefasst. Es kann als das Kapital verstanden werden, das notwendig ist, damit Unternehmen ihrem Geschäft nachgehen können.

🤿 Deep Dive

Wie hoch sollte die Eigenkapitalrendite sein?

Über die optimale Höhe der Eigenkapitalrendite lässt sich keine pauschale Aussage treffen. Allgemein gilt jedoch eine Eigenkapitalrendite als erstrebenswert, die leicht höher ist als die der Wettbewerber. Dabei ist es wichtig, den Vergleich nur zu vergleichbaren Unternehmen zu ziehen, da die Eigenkapitalrendite von Branche zu Branche variiert. So hat beispielsweise die Alkoholindustrie eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 5,28% und die Stahlindustrie eine durchschnittliche Eigenkapitalrendite von 53,75% (NYU, Stand 01.02.2023).


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Profilbild des Autors

Robin von Rüden

Robin von Rüden ist Gründer von BullHub sowie begeisterter Privatanleger.

Robin interessiert sich seit jeher für wirtschaftliche Themen, insbesondere für den Aktienmarkt. Während seinem Betriebswirtschaftslehre-Studium an der U...

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