Aktualisiert am

25. August 2023

Verhandlungsstärke der Lieferanten (Five-Forces-Analyse)

💡 In Kürze

Verhandlungsstarke Lieferanten können die Konditionen eines Vertrages bestimmen und so die Marge von Unternehmen einer Branche reduzieren.

Die Verhandlungsstärke der Lieferanten ist eine der fünf Kräfte in Michael E. Porters Modell der Branchenstrukturanalyse, das die Konkurrenz innerhalb einer Branche bestimmt. Sie beschreibt, wie leicht es für Lieferanten ist, ihre Preise zu erhöhen oder die Qualität der Produkte zu senken, um ihre Position zu stärken.

Wenn Lieferanten eine starke Position haben, können sie die Rentabilität eines Unternehmens oder einer Branche durch Erhöhung der Kosten für Rohstoffe oder Dienstleistungen beeinträchtigen. Dies kann entstehen, wenn es wenige Lieferanten gibt, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die nicht leicht ersetzt oder substituiert werden können, oder wenn es hohe Wechselkosten für die Unternehmen gibt.

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Anzahl der Lieferanten

Die Attraktivität einer Branche gilt als hoch, wenn es viele Lieferanten gibt.

Die Anzahl der Lieferanten spielt eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung dieser Kraft. Im Folgenden sind die Hauptfaktoren dargestellt, die zeigen, wie dieser Einflussfaktor die Verhandlungsstärke der Lieferanten beeinflusst.

Hohe Anzahl von Lieferanten

Wenn es viele Lieferanten gibt, wird die Verhandlungsstärke der einzelnen Lieferanten normalerweise geschwächt. Die Unternehmen in der Branche haben mehr Auswahlmöglichkeiten und können leicht von einem Lieferanten zum anderen wechseln, wenn sie mit den Bedingungen nicht zufrieden sind.

Niedrige Anzahl von Lieferanten

Im Gegensatz dazu gibt eine geringe Anzahl von Lieferanten den vorhandenen Lieferanten mehr Verhandlungsmacht. Wenn es wenige Alternativen gibt, haben die Unternehmen in der Branche weniger Verhandlungsoptionen und müssen eher die Bedingungen der Lieferanten akzeptieren.

Bedeutung der Kunden für die Lieferanten

Die Attraktivität einer Branche gilt als hoch, wenn die Branche für die Lieferanten von hoher Bedeutung ist.

Wenn ein Lieferant stark von einem oder wenigen großen Kunden abhängig ist, steigt die Verhandlungsstärke dieser Kunden. Die Kunden können Druck auf die Preise, Qualität und Lieferbedingungen ausüben, weil sie für den Lieferanten entscheidend sind. Andererseits, wenn die Kunden für den Lieferanten weniger wichtig sind oder wenn der Lieferant viele gleichwertige Kunden hat, wird die Verhandlungsstärke des Lieferanten im Vergleich zu den Kunden stärker.

Beispiele

Automobilindustrie

Oftmals sind Zulieferer in der Automobilindustrie von wenigen großen Autoherstellern abhängig. Wenn ein Hersteller einen großen Anteil des Umsatzes eines Zulieferers ausmacht, hat dieser Hersteller eine starke Verhandlungsposition. Er kann die Preise drücken und Lieferbedingungen diktieren.

Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung

Hier kann es vorkommen, dass Landwirte stark von großen Lebensmittelverarbeitern oder Einzelhandelsketten abhängig sind. Diese können die Preise und Bedingungen für ihre Produkte beeinflussen, da sie oft die Hauptabnehmer sind.

Wechselkosten der Abnehmer

Die Attraktivität einer Branche gilt als hoch, wenn die Produkte bzw. Dienstleistungen der Lieferanten nur geringe Wechselkosten aufweisen.

Wechselkosten sind die Kosten, die einem Abnehmer entstehen, wenn er von einem Lieferanten zu einem anderen wechselt. Diese Kosten können in Form von direkten finanziellen Aufwendungen, Zeit, Aufwand und anderen Ressourcen auftreten.

Wirkungsweise

Die Wechselkosten der Abnehmer beeinflussen direkt die Verhandlungsstärke der Lieferanten, indem sie die Flexibilität der Abnehmer einschränken. Hohe Wechselkosten binden die Abnehmer an einen bestimmten Lieferanten, wodurch die Abhängigkeit von diesem Lieferanten steigt. Der Lieferant erhält dadurch mehr Verhandlungsmacht, da die Kunden weniger Anreiz haben, zu einem konkurrierenden Lieferanten zu wechseln.

Beispiel

In der Softwareindustrie können die Wechselkosten sehr hoch sein, wenn ein Unternehmen stark in ein bestimmtes Software-System investiert hat. Die Umstellung auf eine neue Software erfordert oft erhebliche Investitionen in neue Lizenzen, Schulungen und Integration. Ein Beispiel wäre die Verwendung eines bestimmten ERP-Systems, bei dem der Wechsel zu einem anderen Anbieter große Umstellungsprobleme und hohe Kosten verursachen kann.

Differenzierung

Die Attraktivität einer Branche gilt als hoch, wenn sich die Produkte bzw. Dienstleistungen der Lieferanten nicht von denen der Konkurrenz abheben.

Die Differenzierung steigert die Verhandlungsstärke der Lieferanten, indem sie die Produkte oder Dienstleistungen eines Lieferanten gegenüber anderen als einzigartig darstellt. Dadurch erhalten Lieferanten einen Wettbewerbsvorteil, da ihre Produkte nicht leicht durch alternative Produkte ersetzt werden können. Dies ermöglicht es den Lieferanten, höhere Preise zu verlangen und bessere Vertragsbedingungen zu verhandeln, ohne den Markt zu verlieren.

Substitutionsgefahr

Die Attraktivität einer Branche gilt als hoch, wenn die Produkte bzw. Dienstleistungen der Lieferanten substituiert werden können.

Die Substitutionsgefahr in Bezug auf die Verhandlungsstärke der Lieferanten tritt dann auf, wenn es alternative Produkte oder Dienstleistungen gibt, die die von einem bestimmten Lieferanten angebotenen ersetzen können. Die Verfügbarkeit von Substituten bedeutet, dass die Abnehmer (die Unternehmen) die Möglichkeit haben, zu alternativen Lieferanten zu wechseln. Dies wiederum schmälert die Verhandlungsposition des ursprünglichen Lieferanten.

In der Praxis führt die Substitutionsgefahr dazu, dass Lieferanten gezwungen sein können, ihre Preise zu senken, die Qualität zu erhöhen oder zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, um ihre Position gegenüber den Abnehmern zu behaupten.

Möglichkeit der Vorwärtsintegration

Die Attraktivität einer Branche gilt als hoch, wenn Lieferanten der Branche nicht glaubhaft mit einer Vorwärtsintegration drohen können.

Vorwärtsintegration bezieht sich auf den Prozess, bei dem ein Lieferant in die nächste Stufe der Wertschöpfungskette eintritt, typischerweise indem er direkt mit dem Endkunden in Kontakt tritt oder eine Produktionsstufe übernimmt, die zuvor vom Kunden oder einem anderen Unternehmen durchgeführt wurde. Dies erhöht die Verhandlungsstärke der Lieferanten, da sie die Kontrolle über mehr Stufen der Wertschöpfungskette erlangen und somit ihre Abhängigkeit von bestimmten Abnehmern verringern.

Ein klassisches Beispiel für die Vorwärtsintegration ist die Ölindustrie. Viele Ölproduzenten haben ihre Geschäftsmodelle erweitert und betreiben nun auch Raffinerien und Tankstellen. Dadurch können sie nicht nur Rohöl fördern, sondern auch raffinierte Produkte direkt an die Endverbraucher verkaufen. Dies gibt ihnen mehr Kontrolle über die Preisgestaltung und erhöht ihre Verhandlungsstärke gegenüber anderen Unternehmen in der Lieferkette.

Ein weiteres Beispiel findet sich in der Landwirtschaft. Einige Landwirte, die früher ausschließlich Produkte an Großhändler verkauften, haben begonnen, ihre Produkte direkt an Verbraucher über Bauernmärkte oder Online-Plattformen zu verkaufen. Dies ermöglicht es ihnen, den Zwischenhändler zu umgehen und somit einen höheren Preis für ihre Produkte zu erzielen.


Quellen


Profilbild des Autors

Robin von Rüden

Robin von Rüden ist Gründer von BullHub sowie begeisterter Privatanleger.

Robin interessiert sich seit jeher für wirtschaftliche Themen, insbesondere für den Aktienmarkt. Während seinem Betriebswirtschaftslehre-Studium an der U...

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